„Wir müssen sichtbar machen: Das bieten wir“
Stadtpfarrer Johannes Brandt sprach über Kirchen-Zustand
Eppelheim. (fhs) Am Beispiel Eppelheims lässt sich zeigen, wie sich schon heute die Zukunft katholischer Kirchengemeinden anfühlt. Das ist anders, als es die meisten Gemeindemitglieder – meist ältere Menschen – über Jahrzehnte gewohnt waren. Ein Schlaglicht darauf warf der katholische Stadtpfarrer Johannes Brandt. Er sprach im März im katholischen Gemeindehaus Sankt Franziskus auf Einladung der Eppelheimer CDU über den „Synodalen Weg“.
Brandt hatte über dieses „Gesprächsformat zur strukturierten Debatte innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland“ bereits im November 2022 informieren wollen. Eine Erkrankung hatte das damals verhindert. „,Vielleicht hatte das ja sein Gutes“, meinte Brandt. Inzwischen hat der Synodale-Weg-Prozess nach fünf Vollversammlungen seinen Abschluss gefunden und gleichzeitig beging Papst Franziskus gerade sein zehnjähriges Amtsjubiläum. 26 Zuhörer waren gekommen, mehrheitlich Frauen.
„Das Weihnachtsfest 2022 war das letzte, bei dem die beiden großen christlichen Konfessionen in der Mehrzahl waren“, ordnete Pfarrer Brandt die Position von Katholiken in Deutschland ein. „Als ich 2008 hier meinen Dienst antrat, waren in den zwölf Pfarreien 42 000 Gläubige. Letztes Jahr waren es 37 000. Wir verlieren jedes Jahr rund drei bis vier Prozent.“ 965 Austritte habe es in der Stadtkirche Heidelberg 2022 gegeben, zu der auch die Pfarrei St. Josef Eppelheim zählt. Rechnet man noch die „Übersterblichkeit“ hinzu, also die Todesfälle, erhöhe sich die Rückgangszahl vergangenes Jahr auf 1200 Personen. Ganz unabhängig von etwaigen Missbrauchsfällen und Debatten über Frauen in kirchlichen Ämtern oder den Umgang mit anderen Formen des Zusammenlebens zweier Menschen zeichnete Brandt das Bild einer Kirche in einer vollkommen gewandelten Gesellschaft. Brandt: „Die Milieus ändern sich. Was ich – Jahrgang 1964 – noch kannte von einer Volkskirche, das gibt es heute nicht mehr.“ Diese Art der Säkularisation treffe sowohl die katholische wie die evangelische Kirche.
Brandt referierte aus den Zahlen einer Studie des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge um Bernd Raffelhüschen von 2019. Demnach werden beide großen Kirchen bis 2060 die Hälfte ihrer Mitglieder verloren haben.
Eine Mutter im Publikum formulierte es so: „In Eppelheim ist die Jugendarbeit ein hohes Gut. Auch meine Kinder waren hier Ministranten. Aber junge Erwachsene können mit gewissen Gegebenheiten in der Kirche nichts mehr anfangen und ziehen sich zurück.“
Obwohl sich die Beteiligten am Synodalen Weg mühten, „die Kirche in Deutschland stärker mit dem Leben der Menschen zusammenzubringen“ (so Brandt), blieben auch bei den Eppelheimer Zuhörern vernehmlich Zweifel, wie einzelne Bischöfe und insbesondere die „Kirchenregierung“, die römische Kurie, und der Papst darauf reagieren.
Brandt rührte sozusagen qua Amt „die Werbetrommel“ für den Stuhl Petri und erinnerte daran, dass Franziskus I. ja für die gesamte Weltkirche zu Pfingsten 2021 einen eigenen synodalen Weg verordnet habe. Aber Brandts Fürsprache für die katholische, also die universale, Weltkirche änderte nichts daran, dass er beim Synodalen Weg in Deutschland darauf zu sprechen kam, wie durch die Missbrauchsfälle „wir jetzt vor diesen Abgründen stehen“ und dass „bestehende Strukturen dem Missbrauch Vorschub geleistet haben“.
Brandt erläuterte den Zuhörern die vier Fragestellungen des Synodalen Wegs: Macht und Gewaltenteilung, Lebensform von Priestern, kirchliche Sexuallehre sowie Frauen in Ämtern der Kirche. „Man kann das gar nicht getrennt voneinander betrachten“, so Brandt.
Der Synodale Weg habe sich von Anfang an auf die Fahnen geschrieben, einen Weg für die Kirche heute zu finden, auf dem sie zur Glaubwürdigkeit zurückfinden. Brandt erwähnte die Beschlüsse und fragte, wie man weiter gehen könne, „ohne weitere 50 Jahre Frust zu produzieren. Brandt: „Ich habe kein Patentrezept mitgebracht, falls Sie das erwarten.“
Aber Stichworte hatte der Pfarrer: „Es braucht schon das persönliche Zeugnis. Dort, wo kleine Gemeinschaften sichtbar machen: Das bieten wir. Das stellen wir aus. Da führt das vielleicht dazu, dass Menschen daran hängen bleiben.“ (Text Felix Hüll, RNZ)